Der Herr aus Paderborn war wild entschlossen. Auch wenn es „nur“ um 10 € wegen eines angeblichen Parkverstoßes ging, das wollte er auf keinen Fall auf sich sitzen lassen. Der Ausgangsfall lag scheinbar einfach: ein Parkverstoß, den er nicht begangen hatte und ein Zeuge der die Ordnungsmäßigkeit des Parkvorgangs bekunden kann. Das sollte doch wohl reichen, so dachte der Herr aus Paderborn und wandte sich selbst an die Behörde. Umfänglich trug er vor, dass er das Parkticket gelöst und deutlich sichtbar im Fahrzeug ausgelegt hatte. Und einen Zeugen habe er auch. Interessant an dieser Sache ist, dass ein Zeuge zwar benannt, aber der Behörde kein Name mitgeteilt wurde und auch nicht der Umstand, dass der Zeuge zufällig auch noch der Hausanwalt des Betroffenen war. Die Stadt blieb unbeeindruckt und erließ einen Bußgeldbescheid. Beweismittel: Zeugnis des Mitarbeiters der städtischen Parkraumbewirtschaftung. Die Sache nahm Fahrt auf und landete irgendwann vor Gericht. Inzwischen hatte sich der Herr einen Anwalt genommen. Die Sache mit dem Parkverstoß war mit anwaltlicher Unterstützung schnell vom Tisch, jetzt stritt man sich um die Erstattung der Anwaltskosten. Diese wollte der Herr als Auslagen von der Behörde erstattet erhalten. Schließlich hatte er ja nichts falsch gemacht. Zunächst stritt er sich mit der Stadt, dann ging es vor das Amtsgericht und schließlich zum Landgericht. Die Stadt und das erste Gericht vertraten die Auffassung, dass die Anwaltskosten nicht zu den erstattungsfähigen Auslagen gehören. Man verwies auf das Ordnungswidrigkeitengesetz und hier auf § 109a OWiG. Dort heißt es:

War gegen den Betroffenen in einem Bußgeldbescheid wegen einer Tat lediglich eine Geldbuße bis zu zehn Euro festgesetzt worden, so gehören die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nur dann zu den notwendigen Auslagen (§ 464a Abs. 2 Nr. 2 der Strafprozeßordnung), wenn wegen der schwierigen Sach- oder Rechtslage oder der Bedeutung der Sache für den Betroffenen die Beauftragung eines Rechtsanwalts geboten war.

(2) Soweit dem Betroffenen Auslagen entstanden sind, die er durch ein rechtzeitiges Vorbringen entlastender Umstände hätte vermeiden können, kann davon abgesehen werden, diese der Staatskasse aufzuerlegen.

Der Sinn und Zweck dieses knapp 30 Jahre alten § 109a OWiG ist, dass der Gesetzgeber bei Geldbußen bis 10 € von Bagatellfällen ausgeht, hier drohen weder Punkte noch Fahrverbot und der Betroffene könne sich hier in der Regel selbst verteidigen. Nimmt sich der Beschuldigte bei dieser Sachlage dann einen Anwalt, muss er die Kosten dafür selbst tragen. Eine Ausnahme liegt nach Absatz 1 dann aber vor, wenn die Beauftragung eines Anwalts „geboten“ ist. Dies wird angenommen wenn es sich z.B. um eine schwierige Rechtsfrage handelt. Vorliegend bejahten die Richter des Landgerichts den Kostenerstattungsanspruch des Betroffenen und begründeten dies damit, dass bei Vorliegen eines verwickelten oder schwer aufklärbaren Sachverhalts die Hinzuziehung eines Verteidigers dann eben auch in einer Bagatellsache erforderlich machen kann mit der Folge, dass die Anwaltskosten dem Betroffenen zu erstatten sind. Und so lag der Fall hier: Die Verwaltungsbehörde hätte hier den vom Betroffenen genannten Zeugen erfragen können. Da sie sich hierüber hinwegsetzte und den Bußgeldbescheid erließ, mußte allein dadurch bei dem Betroffenen der Eindruck entstehen, dass er ohne anwaltliche Hilfe mit seinem Anliegen nicht durchdringen werde. Die Kammer kam damit zu dem Ergebnis, dass mit Rücksicht auf die sich widersprechenden Zeugen (der städtische Mitarbeiter und der Zeuge des Betroffenen) ein schwer aufklärbarer Sachverhalt vorlag, der zur Annahme einer schwierigen Sachlage ausreiche. Das alleine würde grundsätzlich nicht ausreichen, hier kam allerdings erschwerend hinzu, dass die Behörde den genannten Zeugen gar nicht erst herangezogen hatte, der Beweisantritt wurde also bewußt übergangen (Landgericht Paderborn Urteil vom 12.01.2015 – 01 Qs-34 Js 1251.14-143/14). Dies genügte den Richtern, dem Herrn und seinem Anwalt auch.

Autor: Rechtsanwältin Christiane Reuter-Wetzel